Ein Sang von Hela

Dichter unbekannt

 

 

An dich, Hela, klingen alte Sagen,
Aus der Tiefe tönt ein Lied mit Macht.
Sind es Stimmen aus vergangenen Tagen,
Die zur Menschheit heut' emporgetragen,
Kunde geben von versunk'ner Pracht?


Hat der Schiffer recht, der uns berichtet,
Was er sah bei hellem Mondenschein
Daß im Grund des Meeres aufgerichtet
Eine Stadt er schaute, glanzumdichtet
Herrlich prange hoch aus Marmorstein.

Schallen heute noch die Orgelklänge,
Die den Bürger rufen zum Gebet,
Schaut man heute noch die geputzte Menge
Wandeln durch die Straße dunkler Enge
Zu dem Marktplatz, wo der Roland steht?

Sagen sind es, nichts als alte Sagen,
Von den Schiffern an dem Strand erzählt,
Einsam wird der alte Leuchtturm ragen
In der See noch in den fernen Tagen,
Wenn die Dünen längst das Dorf verweht.

Und im Fichtenwalde wird es sprossen,
Wenn der Lenzwind aus dem Süden weht.
Auf dem Kirchhof, hart vom Meer umflossen
Werden sie gebettet, die Genossen
Und ein anderes Geschlecht entsteht.

Mit denselben Sorgen, mit den Freuden,
In demselben Kampf in Meer und Sturm,
Mit derselben Not und Winterleiden -
Einst nur auf der Insel trotzet beiden,
Und das ist der weiße hohe Turm.

Blonde, kräftig markige Gestalten,
Kennen im Gewerbe eine Pflicht,
Was dem Meere sie abgerungen,
Halten fest sie, und des Sturmes Gewalten,
Schrecken sie in ihrem Handwerk nicht.

Braust der Nord daher und Gischt die Wellen,
Wirft er fremdes Fahrzeug an den Strand,
Daß die Balken krachen und zerschellen,
Dann der Fischer Augen sich erhellen -
Gute Beute, bringt man sie an Land.

Still im Hüttchen sitzt das Weib am Rocken,
Und am Fenster grünt der Mürtenbaum
Und an dem Kamin die Alten hocken,
Sie erzählen, will die Arbeit stocken
Ihren Enkeln manchen Jugendtraum.

Wie sie einst in jungen Jahren,
Mit den mastenreichen Schiffen beladen schwer,
Von der Insel Hela sind gefahren,
Wie sie dann zurückgekommen waren
Und die Heimatstätte fanden leer.

Wie sie von den fremden schönen Ländern
Brachten seltenes Geschirr nach Haus',
Blau bemalt, Figuren auf den Rändern,
Das als Zierde nun auf hohen Ständern
In dem Häuschen steht, die Fahrt ist aus.

Wie erwartete am alten Brunnen,
Der in Dorfes Mitte einsam steht,
Oft die Maid beim Untergang der Sonne,
Wie sie in dem Kirchlein still in Wonne
Für den Liebsten Glück und Heil erfleht,

Hela, selten Stück im Deutschen Lande,
Meerumschlungen, weltvergessen Du.
Bleib' erhalten unserem Ostseestrande,
Träume fort auf deinem Dünensande,
Deinen Schiffertraum in süßer Ruh'!

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