Hela - Brunnen auf der Dorfstraße 

Der Dorfbrunnen

Dichter unbekannt

 


Alter Brunnen, der im Dorfe steht,
Dessen Eimer auf und nieder geht,
Der da aus der Tiefe schöpft den Quell
Kühlend, klar, erfrischend und so hell,
Sag‘ mir alter Brunnen, sag‘, wie lang
Beutst Du Hela’s Bürgern schon den Trank?


Fremdling, laß Dir sagen, schon viel Jahr‘
Reiche Hela ich das Wasser dar!
Vier Jahrhunderte wohl mögen’s sein,
Als man in das Erdreich stieg hinein,
Als den Quell man fand und ihn gebannt
Und das Wasser hob aus Kies und Sand
Und gereicht es Hel’schen Bürgern dar,
Das bis dahin ohne Wasser war!

Früh am Morgen sucht man mich schon auf,
Wenn die Sonne kaum beginnt den Lauf.
Hier erfahr‘ ich, was die Nacht gebracht,
Wer in Not und Elend hat gewacht,
Wer im Dämmern auf den Fang gefahren,
Wie viel Netze ihm zerrissen waren,
Wie der Fang und was er brachte ein,
Wenn die Tochter kam vom Fischmarkt heim.

Hier schau ich der Fremden reiche Schar,
Die der Dampfer Tag für Tag bringt dar.
Viele von den Fremden schau’n mich an
Und haben ihre Freude dran.
Andre tun, als wenn sie mich nicht seh’n
Und am Brunnen schnell vorübergeh’n.
Wieder andere machen ihren Scherz
Und sie schneiden mir damit ins Herz!

Doch manch einer nimmt sein Skizzenbuch,
Das er sorgsam in der Tasche trug:
Eins, zwei, drei, da bin ich conterfeit
Und er trägt mich in die Ferne weit.
Und in einer großen fremden Stadt
Prang‘ ich illustriert in einem Blatt.
Und im Texte steht dann groß zu lesen:
Was ich für Hela so lang gewesen!

Hier trifft sich der Schatz mit der Kathrein,
Wenn die Sonne sank, zum Stelldichein,
Wenn der Vollmond an dem Himmel steht,
Sie mit ihren Eimern hierher geht.
Und dann plaudern sie von eignem Heim,
Und wie sich richten werden ein.
Und er setzt sie auf des Brunnens Rand
Und er nimmt sie freundlich bei der Hand
Und er flüstert leise ihr: Sei gut,
Bis dann plötzlich Herz an Herze ruht.

Alter Brunnen, der im Dorfe steht,
Dessen Eimer auf und nieder geht,
Kennst sie alle, die ihr Hüttchen hier!
Alle, alle kommen ja zu Dir
Und erzählen Dir von Freud und Leid,
Von der Zukunft, der vergang’nen Zeit.
Dabei fällt so manche Träne fein
In den tiefen Brunnen still hinein-
Und dort ruht sie viele Jahr‘ versteckt-
Drum das Wasser auch so salzig schmeckt!

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