Woher kommt der Name "Hela"? Welche Erlebnisse haben die Heelschen, die auf die Herkunft ihrer Vorfahren hindeuten? Und was hat es mit dem sagenhaften Untergang von Alt-Hela auf sich? In diesem Artikel kommen  ehemalige Bewohner Helas zu Wort und erzählen ihre ihnen von den Vorfahren überlieferte Version der Ursprungssage.

Der Autor Ulrich Tolksdorf, 1938 - 1992, war u.a. Dozent am Kieler Seminar für Volkskunde der Christian Albrechts Universität zu Kiel. Selber aus Ostpreussen stammend, hat er einen großen Teil seines wissenschaftlichen Lebens der Bewahrung der Kultur der aus den Ostgebieten stammenden Flüchtlinge gewidmet. Tolksdorf hat in den 1980er Jahren viele ehemalige Heelsche in deren neuen Zuhause in Schleswig-Holstein besucht und zu ihrem Leben auf Hela interviewt.

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Die Ursprungssagen des Dorfes Hela

Von  U l r i c h  T o l k s d o r f

 

Die meisten der Helaer Fischerfamilien - die Heelschen, wie sie sich selbst nennen - leben heute an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, von Travemünde, Timmendorf, Burkstaaken auf Fehmarn, Großenbrode, Heiligenhafen, Laboe bis Kappeln, Arnis und Flensburg. Trotz aller Zerstreuung bewahren sie bis heute einen gewissen Zusammenhalt und ihre kulturelle Identität, deren markantester Ausdruck sich wohl immer noch in der Verwendung ihrer unverwech­selbaren Mundart findet.

Heimat, Geschichte, historische Kultur und Identität - sie finden sich nur noch in der Erzählgemeinschaft. Sicherlich, es ist Erzählkultur, memory-culture, aber eine Erinnerungs-Kultur, die lebendig ist, mit der sich ständig auseinander­ gesetzt wird, sei es lustvolle, befriedigende Erinnerung oder Trauerarbeit. Tau­senden solcher Geschichten habe ich zugehört, rund 200 Personen aus heelschen Fischerfamilien haben mir in den Jahren 1980 bis 1985 über 300 Tonband­stunden lang erzählt. So ist es auch dieses Material, die oral history - die mündliche Geschichte der Helaer selbst, die diesem Beitrag vornehmlich zugrunde liegt.

Die Fischerfamilien von Hela kennen heute noch in ihrem reichen sagenhaften Überlieferungsgut mehrere Erzählungen, die sich mit  dem Ursprung und der Herkunft ihres Ortes bzw. Ortsnamens auseinandersetzen. Diese Erzählungen decken sich in vielem mit den älteren etymologischen Erklärungsversuchen der wissenschaftlichen Namenforschung.

So wird z. B. der Name Hela von einer skandinavischen Königstochter gleichen Namens abgeleitet:

Mie (mein) Voader hät mi dat emoal so vertaellt (erzählt): Doa es emoal ganz freeher e schwedschet (schwedisches) Scheep riäwerdjekuome (her­ übergekommen) iäwer de Oostsee - eck meen, von Bornholm wär dat, oder wär et Gotland? Na joa, djeden falls wär dat Scheep vär Heel under­ djegoahne. Dat es joa bi Storm djefährlich bi ans bi de Spetz doa. On doa wär eene Tjeenigsdochter opp - an de es djerett (gerettet} worde. Alle Maann (Männer), alle Seelied, wäre versuope - bloß se on so e Scheeps­ jung, so e Poaje (Page), kamme an Laand. Disse Tjeenigsdochter hett (hieß) „Heel". On de es denn uck hier djebliewe on hät onser Derp djegrindet. So vertaellt mie Voader - dat es sone Sage, nich. Andre olle Lied saie ook, dat de ganze Halbinsel e Tjeenigsriek (Königreich) jewesst (gewesen) es an dat Heel de Meddelpunkt djewesst es.

Diese Sage verbindet sich dann später auch mit einer anderen Erzählung, die Daniel Gralath schon aus der Mitte des 18. Jahrhunderts erzählt. Danach will man in dem untergegangenen Alt-Hela eine alte Münze mit der Aufschrift REX HELE gefunden haben, woraus man den Schluß zog, daß Hela einst ein eigenständiges Königreich gewesen sei.

Und eine Heelsche weiß es noch etwas anschaulicher zu erzählen:

Djua (ja), dat wär djua so - oder dat wär so e Vertellke (kleine Erzählung) - miene Mutter haadd mi dat freeher moal vertaellt, on dehaadd dat von ehre Viärkuome (Vorkommen, Vorfahren), von ehrem Grootvoader: Heel wär freeher e tjlienet Tjeenigsriek! On de hadde doatjeene Tjeenige - bloß Tjeeniginne. On onser Heel, doa woahnt se, doahadde se ehre Woahnsitz. De aandre Insel, dat wär „dat Laand", dat „Laand Heel". On Heel wär e Staadt - e wonderboare on rieke Staadt met groote Hieser on feine Mensche, fein andjetoage (angezogen) on allet - oh, mien Mutter kunn dat emmer so fein vertaelle on wi Tjinder hiärde dennemmer flietig to.

Der Name Hela wird in einer anderen Erzählung auf eine andere Fürstin zurückgeführt. So berichtet der Chronist der ungedruckten Dorfchronik von Hela, M. Struck, der sich 1880 immer noch stolz Voigt von Hela nannte, obwohl Hela schon 1872 die Stadtrechte aberkannt worden waren und seine Amtsbezeichnung eigentlich nur Gemeindevorsteher lautete:

Der Herzog Wratislaw baute um 1128 unsere alte Stadt an Stelle der schlechten Hütten, die von den Heiden bewohnt waren… Herzog Wratis­law, dem die Bekehrung der heidnischen Völker sehr am Herzen lag, tat viel dazu, daß auch der alte Fischerort Hela, wo der christliche Glaube sich anfing zu verbreiten an Stelle der schlechten Hütten bessere gebaut wurden, und ließ den Ort nach seiner Gemahlin Heyla nennen… Die Fürstin Heyla hatte an diese Kirche einen großen silbernen Kelch, von innen und außen vergoldet und mit sechs Edelsteinen besetzt, und eine silberne vergoldete Taufkanne und eine silberne Oblatdose geschenkt.

Die Namensherkunft und -deutung beschäftigt den Fischerchronisten von Hela sehr, und er stellt allerhand Spekulationen an. Aber auch die Wissenschaftler, Historiker und Sprachwissenschaftler, sind schon seit Beginn des 18. Jahr­hunderts um eine plausible Deutung bemüht. Daniel Gralath (1754) leitet Hela von den Herulern her, die auch in dieser Landschaft gewohnt haben sollen. Andere Gelehrte des 18. Jahrhunderts bringen Hela in Verbindung mit dem alten Stamm der Alveonen oder Helweonen, während andere Deutungsversuche dieser Zeit den Ortsnamen mit dem griechischen Wort ele verbinden, was Sumpf, Morast bedeutet.

Samuel Schelwig (1710) deutet Anfang des 18. Jahrhunderts den Namen aus dem dänischen Wort Häl, "welches in dieser Sprache die de. Fußes bedeutet, weil die Lage des Landes mit diesem Teil des Fußes einige Ähnlichkeit hat". Andere Wissenschaftler sahen in Hela den Ort Skyringshael, von dem KönigAlfredvon England in seiner Beschreibung einer Entdeckungsreise berichtet, die im Jahre 900 die Seefahrer Wulfstan und Other unternommen hatten und die eine blühende Handelsstadt Skyringshael beschreiben.

Der Historiker L. von Baczko bemüht für seinen Deutungsversuch die altpreußische Sprache, in der das Frische Haff Hailo heißt. Hela würde danach "folglich Haffort, Wasserort, so wie Heiligenbeil Haffburg" heißen. Der Vollständigkeit halber sei auch noch die Erklärung von Johann Christoph Wedeke (Bemerkungen auf einer Reise durch einen Theil Preussens von einem Oberländer, Bd. 1 - 2, Königsberg 1803, Bd. 2, S. 291 u. 506) angeführt: „Der ganze Schnabel Land, vom Reeser Haupt (Rixhöft) an, heißt ,das Land Hela', ein deutscher Name, der nichts anders als ,Fischland' ,Wasserland' bedeutet; daher 'Help'ein großer Fisch."

Überhaupt erscheinen die frühen wissenschaftlichen Deutungsversuche nicht weniger spekulativ wie die sagenhaften Erzählungen der Heelschen selbst. Carl Girth z. B. bringt den Namen mit dem altdeutschen Wort heel in Zusammen­ hang, was Hölle bedeute. Diese Bezeichnung sei damit zu verstehen, daß es vor der Halbinsel häufig Schiffsunglücke gegeben habe und die Schiffbrüchigen hier beraubt wurden. Carl Girth scheint diese Herleitung damals auch schon um 1890 von den Bewohnern Helas gehört zu haben, denn auch ich habe sie noch von einem Fischer gehört:

Na joa, eck well juch moal wat saie (sagen): de Heelsche wäre joa uck nech emmer Heilige! Nee nee de Noame von Heel tjmmt uck nich doaher - von „heilig". Dat wär doch wohl so: Tjiek (kicke,siehe) moal, en olle Tiede wär wi doch aller Piroate (Piraten). Wat wurd doa wohl met de Liede (Leuten) von de djestraandete Scheep djemoak? De Mensche hier wäre doch en öllere Tied oarm! On denn, wenn dat briescht (stürmt) bi nordoost! Denn: „Herr, rette meine Seele!" Dat wär fer manche Scheep de Hell (Hölle). Nich, man kann dat doch uck so sehne, dat doa onser „Hela" hertjemmt.

Ein anderer Fischer pflichtet dieser Etymologie mit einem anderen Argument zu:

Na joa, de Noame „Hela". Eck heww joa doa ook emmer hen on her iäwerlecht (überlegt). Onse Olle (Alten, Vorfahren) saie emmer, dat wi von Holland stamme. Onser Platt hät doch veele Ähnlichtjeite. On dat hollaandsche Woort „Hell" bediet joa „Hölle" ! Dat kann joa ook so djewesst senne, dat e hollaandschet Scheep hier djestraandet es on dat dat fer de Mensche de „Hölle" wär. So verkloar (verkläre, erkläre) eck mi dat. Wat saie Se denn doato?

Nun ja, die Ableitung des Namens Hela von hel (Hölle) ist sicher spekulativ, aber ein anderes Argument ist die von den Heelschen immer wieder vermutete Verwandtschaft ihrer Mundart mit niederländischen oder flämischen Dialekten und die damit verbundene Annahme, daß Hela ursprünglich von Niederländern besiedelt worden sei. Auch sprachwissenschaftlich läßt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Das Heelsche Platt ist in vielen Merkmalen vollkommen eigenständig, ist sonst jedoch klar zum Niederdeutsch des sogenannten Ostpom­merschen zu stellen. So ist wohl niederdeutsche Herkunft - vielleicht mit einer Zwischenstation in Pommern - am wahrscheinlichsten. Auch die ältesten Urkunden zeigen starken niederdeutschen Einfluß. Gewisse Eigentümlichkeiten sind allerdings sowohl Merkmale des Ostpommerschen als auch einiger Dialekte im Küstengebiet der Niederlande. So z. B. die Palatalisierung von „k" zu „tj" vor hellen Vokalen, also z. B. „Tjind" für „Kind". Ähnliche Palatalisierungstenden­zen gibt es auch im Kaschubischen, so daß eine Beeinflussung des Niederdeut­schen auch von daher denkbar ist. Im ganzen ist zu sagen, daß von sprachwissenschaftlicher Sicht über so eine lange Distanz von 700 Jahren nichts Eindeutiges über die Herkunft ausgesagt werden kann.

Uns interessiert in diesem Zusammenhang aber auch mehr das Denken der Heelschen selbst über ihre Herkunft und eventuelle Sprachverwandtschaft mit dem niederländischen Küstenraum. Ich habe eine Fülle solcher Erzählungen gehört, die sich so mit der eigenen historischen Vergangenheit auseinander­ setzen.

Eck wunder mi wi riäde värher, wo onsre Sproak hertjemmt (her­kommt). Eck sai di doch, eck wär en Holland. Doa leep wi ren (liefen wir mit dem Schiff ein), on doa sächt de Oller to mi: „Hol moal e poar Hering-Solthering!" Wäre fresche Hering, wär en August-Tied on so. Dat wär en Groningen. „hol moal e poar Hering!" Eck goa noa Hering, on eck denk nur: „Mein Gott, wat moakst nu? Wie riädst (redest) du?" On eck sai nu to em: „Eck well nu poar Hering hewwe!" Weil se dat schon freeher säden emmer de Olle (Alten, Vorfahren), onse Sproak, dat hängt met em Holländsche toop (zusammen). Eck sai: „E paar Hering!" „Selbstverständlich ", sächt er, „kannst hewwe!" Riäd jenau so wie wi -  eck riäde so platt on he riäd so wie eck.

Und dann noch ein weiteres Spracherlebnis:

Kamm eck noa Belgien ren, kunnt noch biäter verstoahne. Doa nammeck mi e Lots (Lotse), weil eck alleen nich renkamm, weetst noch, on ecksai: „Eck well oaber derche Schlies (Schleuse), eck well nich emmer met Hochwoater hier nu exerzeere de Naacht, nich. Eck well de Naacht Ruh hewwe!" Sächt er: „Komm met, komm, eck werd de Schlies - komm hier, foahr man ren. Doa enne Eck kannst ligge!" So wie eck red, red eck met em. On doa docht eck, vielleicht haadde de Olle doch Recht, dat onse Sproak doa met dem Holländsche toophängt (zusammenhängt).

Ein Kriegserlebnis in den Niederlanden:

Em Tjriech (Krieg) haadd eck eenem, dat wär e Holländer. Doa haaddwi de ganze Gaasse (Gasse, Straße) jespaart (gesperrt) met Spanische Reiter (Drahtverhau mit scharfen Spitzen ). Doa haadd eck so e Kommando met 30 Mann ne Breech (Brücke) to bewaache on so wat. On nu wär een Holländer, de woahnde doa em Derp. On wenn he oawends von siene Frindin (Freundin) kamm, denn moß he so Omgang (Umgehung) moake, an dat mocht he nich met em Rad. Nu kamm er emmer anne Spanische Reiter an sächt er emmer tomi sowie wi jetzt saien: „Loat mi doch derch!", sächt er, wenn eck so spoat kamm, mien Mutter schempt!" so, als wie wi riäde, so wär dat, jenau so!

Auch ein anderer Fischer, geboren 1906, hatte im Krieg solch ein sprachliches Erlebnis:

On em Tjriech, wär eck joa uck wi kammen denn hen, wie de Tjriech utbrook, denn sall et noa England räwergoahne. On denn kamm wi noa Düntjerchen (Dünkirchen). On doa wär moal wat entokoope. Wäre wimet twee Unteroffiziere doa benne, doa tjemmt de Hauptmann doa an. On eene Fruch (Frau), de verkoffte dat wär doa so Waesche (Wäsche) oder wat se doa haadd, nich. On de Hauptmann wull uck wat hewwe, met dem kamm se nich kloar. On eck wär met de Ostpreiße doa benne: On nu sai eck to em; vertell eck mi met dem Ostpreiße doa platt. On doa sächt de Fruch met eenmoal: „Eck verstoah di alles!" „ Wieso?" „Joa, di verstoah eck, oaber dem (den Ostpreußen) verstoah eck nich" sächt se. „Joa, dat es miene Muttersproak!" sai eck, nich. „ Wat riädst du doa?" „Miene Mutter­ sproak!" ,,Dat kann doch nich Muttersproak sinne! Von wo tjemmst du?" Eck sai: „Eck kuom doa von Daanzich, von Hela, von Westpreußen her!" Doa kunn se seck eerscht emoal e Bild moake vär. „Na, von Dietschland!" „Joa", sächt se, „eck kann di alles verstoahne! Riäd man wieder!"

On doa stund de Hauptmann doa, nich, nu muß eck doch dolmetsche doa. Nu komm eck erscht doahinder, dat onse Sproake nich utem Lande stammt. Doa motten de Olle (Vorfahren) hewwe irgendwie von doa, von de westfriesische Inseln doa, von doa meeten (müssen) se dat denn dat herjebrocht hewwe.

Ein Heelscher als Tourist in Brüssel:

On joa, ook en Belgien, doa met de Liede, doa kunn wi alles so wie tuus (zu Hause) vertelle. Na joa - manchmoal e ander Dialekt, moal e andrerUtdruck - wie met de Österreicher, nich, dat se moal wat andersch saie. Oaber em alljemeene kunn wi ons goot verständje doa, nich.

On nu wär eck vär e poar Joahr en Brissel (Brüssel). Nu wull eck tuusanroope - doa wäre joa Wallonen on Flamen - on en Brissel joameist alles Wallonen, nich. On toeerscht - eck kunn met dem nich kloar koame doa, nich. On denn wär eck doa em Postjebaide doa benn (binnen) on telefoneer. Met eenmoal erwescht eck e Flame doa. „Heer moal" , sai eck,„versteihst du mi?“„Jawoll, verstoah eck di!" sächt er. „Mensch, eck wull noa Huus anroope" , sai eck, „eck well noa Dietschland anroope, noa Huus",sai eck, „Bescheed (Bescheid) saie. Wo komm eck hier kloar? Komm moal met!" sai eck, „on sai mi moal Bescheed!" Na, da kamm er met on denn jing alles kloar. Doa kunn se ook flämisch doa, doa kunn se mi ook verstoahne, nich.

Auch manche heelschen Personennamen finden sich in Holland wieder und stützen in den Erzählungen die vermutete ursprüngliche Herkunft aus Holland.

Nu well eck di noch wat saie. Wie wi 40 (1940) noa Frankreich roppfoahre, doa koam wi on moake doa de Nacht fest on foahre derch de Groawes (Gräben) - soa derch de Grachten - on weetst doch, met de Bootshoake kannst doa en de Fensters renkieke on so wat ruthoale.

On nu paß opp! On eck les, eck denk - onwi moak noch de Nacht fest - Gröenwald  (PN),  Groenwald  met  „oe"  (der erzählende Fischer  heißt Grönwald) oaber äwerjeschrieben - Otto. Eck geh ren - et wär e Schohjeschäft  - eck goah ren. Heww nu  Uniform  an - segg: „GudenTach!" sä eck, „ich möchte gerne meinen Onkel sprechen!"  Ein Mädchen da, de kickt  mi  an:  „Mien  Onkel",  eck en  dietsche  Marine-Uniform: „Na", sächt se. Eck sä:„Es de Otto Groenwald nich doa?" „Ja". Eck sag: „Hol em moal her!" Käm Otto Groenwald an - he wär e poar Joahr oller wie eck, doavon aff. Eck kick mi em an, eck sä:„Guten Dach, Onkel Otto!" He kickt, he wußt joa nich, wat los wär. Eck holt mi Soldbook rut, eck sä: „Kick man hier!" „Dat gibt's doch nicht" sächt er. Otto Groenwald - bloß met "oe", wir schreiben uns mit Knöpfchen drauf. Also send de Noames, send Groenwoold ock gliek hier on doa. So irgendwie - eck weet nich, wo se alle herkomme.

Die Frage der geschichtlichen Herkunft wird heute noch bei den Helaer Fischerfamilien häufig diskutiert und dann mit selbst erlebten Geschichten unterstützt, die dann wieder ihrerseits mit dem Hinweis auf die Erzählungen ihrer Vorfahren - „de Olle, de Viärkuome" - abgestützt werden. Hier wird noch ein lebendiges Geschichtsbewußtsein aus einer ungebrochenen Erzähltradition sichtbar. Aber wenden wir uns noch einmal den etymologischen Forschungen zum Ortsnamen Hela zu.

Ernst Förstemann bringt den Namen in Verbindung „mit der heidnischen­ germanischen Bestattung auf Inseln, die in den Flüssen oder vor der Mündung derselben liegen. Solche Inseln, die ja später teilweise mit dem Festlande ver­wachsen sein mögen, scheinen häufig mit dem urdeutschen Worte Halja bezeichnet zu sein, was geradezu den Ort des Verbergens oder Begrabens vom Verbum hilan zu meinen scheint. Aus diesem konkreten Sinn hat sich erst die Bedeutung des Totenreiches und der nordischen Hel entwickelt. Solche sogenannten Inseln gibt es auf germanischem Gebiete verschiedene. "In Förstemanns Ableitung von dem Namen der Todesgöttin Hel spielt Hela dabei eine bedeutende Rolle, obwohl es zunächst etwas befremdet, daß Hela bei ihm eine Insel ist. Dazu ist aber zu bemerken, daß die Halbinsel Hela in geschichtlicher Zeit mehrmals durch Durchbrüche vom Festland getrennt war und daß zum anderen auch die Heelschen selbst manchmal in ihrer Mundart vom Land Hela als einer Insel sprechen, da sich ihr Kontakt zur weiteren Außenwelt ja hauptsächlich mit Booten vollzog.

Einen anderen Erklärungsversuch gibt Kleczkowski (Slavia occidentalis, Bd. V. Poznan 1926, S. 570). Er bringt zu Beginn unseres Jahrhunderts den Namen Hela in Zusammenhang mit niederdeutsch hael, was Düne bedeute. Ich habe dieses Wort bisher allerdings nur bei Kluge (Seemannssprache, 1911, S. 199) belegt gefunden, der haell als mundartliches Synonym für Düne auf der Insel Wanger­oog angibt. Dafür mag sprechen, daß der Ort Hela auf einem langgestreckten Dünen-Rücken angesiedelt ist.

Mit Sicherheit steht aus sprachwissenschaftlicher Sicht eigentlich nur fest, daß der Name Hela keinen slavischen Ursprung hat. Die Etymologen des 20. Jahrhunderts geben zwar keine genauen und eindeutigen Bedeutungsangaben an, verweisen aber übereinstimmend auf eine nordgermanisch-skandinavische Her­kunft. Der Name Hela wäre also nach Adolf Bach (Deutsche Namenkunde II, 1954, S. 221) zu diesem Namengut zu zählen, das in geringem Umfang an der ganzen südlichen Ostseeküste und ihrer Nachbarschaft anzutreffen ist: „Es wurde dorthin im Mittelalter von Nordgermanen übertragen. So finden sich hier Wikingernamen. Zu ihnen zählt der Name der Halbinsel Hela sowie der des auf ihr gelegenen Dorfes Heisternest", der sich aus Osternese (Ostspitze) herleiten lasse. Bei der letzteren Deutung ist allerdings darauf hinzuweisen, daß schon auf den ältesten Karten Aexternes bzw. Aexternis eingetragen ist, was ja wohl zu nd. egester, ekster, also Elster zu stellen ist. Im ost- und westpreußischen Niederdeutsch ist dagegen Heister die gängige Mundartform für Elster, so daß Heister­nest Elsternest bedeuten würde.

Eine endgültige glaubwürdige Deutung des Namens Hela hat die bisherige Forschung also bisher noch nicht geben können.

Der Untergang von Alt-Hela - Radierung

Doch wenden wir uns wieder den geschichtlichen Erzählungen zu, wie sie noch heute in den heelschen Fischerfamilien lebendig sind. Ihre wohl bekannteste Sage ist die Atlantis-Sage Vom Untergang Alt-Helas. Im Gegensatz zu manchen Sagensammlungen - die erste Nachricht von dieser Sage stammt schon aus dem 17. Jahrhundert - erzählen die Helaer diese Sage meist sehr schlicht, ohne größere Ausschmückungen:

 

Nu well eck juch noch moal de Sage von dat älteste Heel vertelle so, wie dat mie Voader emmer verteilt hefft. On dat älteste Heel lach (lag) doa, wo jetzt de Bliesehoake (Leuchtturm-Haken) es. De Steener an dat Muuerwark kannst hiede noch kieke, dat lach doa nich deep under Woater.

On de Undergang von dat älteste Heel, dat wär eene Stroafe vom leewe Gott. De Mensche wäre riek jeworde on de djinge nich mehr enne Tjarke (Kirche) an heelde (hielten) tjeene Andachte mehr. Se danzte en de Tied an heelen dat Woort Gottes nich mehr an djinge en Samt an Siede.

On dat sach sich de leewe Gott nich lange an. He haadd en (ihnen) värher djenooch djesächt on dat nitzte alles nuscht. On nu kamm dat wär de Naacht vom eerschte tom tweede Pingstdach (Pfingsttag, Pfingst­feiertag) een Donnern an een Grollen. On de Menschheit, de biäde (beteten) tom leewe Gott, oaber dat nitzte nuscht mehr. De leewe Gott, de leet seck nich mehr beerre (beirren), de Undergang wär doa met Donnre on Jeteese (Getöse) on grooter Floot. Dat älteste Heel dat lach nich wiet von onsem niee Heel wo dat nu underdjing, dat naennte (nannten) de Fescher de "Diepde" (Tiefe). On wenn doa de Fescher jetzt noch am Pingstmorje riäwerfoahre deede (herüberfahren taten), denn heerde de noch emmer de Glocke ledde (läuten) von dat älteste Heel. On am Oawend vom eerschte Pingstdach denn beschwoakt (bewölkte, zogen Wolken auf) dat ook meist on dat sullt ook emmer noch erinnre an de Undergang von dat älteste Heel.

 

Diese einfache und schlicht erzählte Sage hebt sich in der Form schon wohltu­end ab von manchen Wiedergaben in Sagensammlungen, die eher das Dramati­sche betonen. Zum Vergleich dazu möchte ich den Text abdrucken, wie er im alten „Hirtschen Lesebuch für  das 3. und 4. Schuljahr" in ganz Ost- und Westpreußen verbreitet wurde:

 Alt-Hela

Auder Spitze der Landzunge Hela lag einst eine blühende Stadt. Noch vor 200 Jahren sah man an dieser Stelle die Überreste einer Kirche; auch sie sind verschwunden. Keine Mauer und kein Trümmerhaufen zeigt an, daß hier einst der Wohnsitz von Menschen gewesen ist. Was nicht von den Fluten begraben wurde, hat der Wind verweht, und Heidekraut überwuchert die Stelle, wo einst die prächtige Stadt Hela gelegen hat.

Hohe Dome und Prunkhäuser mit goldenen Türmen leuchteten weit in die See hinein. Stolze Schiffe trugen die Schätze ferner Länder herbei. In schmucken Läden fand man kostbare Stoffe, Perlen und Edelsteine. Soviel Gold gab es, daß die Leute das Silber verachteten.

Bei solchem Reichtum vergaßen die Helenser aber ihres Gottes. Ein lockeres Leben begann. Ein Fest drängte das andere, und eines war immer glänzender und prächtiger als das andere. Nun sollte einst das Pfingstfest ganz besonders prunkhaft gefeiert werden. Schon am frühen Morgen des ersten Feiertages versammelten sich die übermütigen Menschen, um den ganzen Tag zu durchjubeln.

Aber der Himmel zürnte dem Volk. Plötzlich verfinsterte sich die Sonne, und schwarzes Gewölk bedeckte den blauen Frühlingshimmel. Der Sturm fing an zu heulen und peitschte das Meer zu solcher Höhe auf, daß seine Wellen über die Stadt hinwegbrausten. Die gottlosen Bewohner aber fanden in den Fluten ihr Grab.

Noch jetzt hört man, so erzählen alte Fischer, an jedem ersten Pfingst­sonntage Glockengeläute aus der See emporklingen. Wer dem Klange folgt und auf das spiegelglatte Meer hinausfährt, erblickt tief unten am Grunde die stolze Stadt mit ihren Dächern und Türmen, ihren Straßen und Gassen.

Wehe dem Fischer, der die tote Stadt zu sehen wünscht. Der reiche Glanz blendet ihn, und heftiges Verlangen nach den Schätzen dort unten zieht in sein Herz ein. Kaum ist dies geschehen, dann verschwindet die Stadt, der Sturm bricht los und schleudert Mann und Boot in die Tiefe.

 

In dieser überarbeiteten Sagenfassung werden die Akzente schon merklich anders gesetzt: der historische Kern, die konkrete Ortsbezogenheit, die aus eigener Anschauung und Umwelt erfahrene Betroffenheit fehlen fast gänzlich, dagegen reichliche Ausschmückung und Dramatisierung von Hochmut und Gottesgericht, und auch der Schluß begnügt sich nicht mit dem durch die Jahrhunderte weiterklingenden mahnenden Geläut, sondern thematisiert noch einmal das Geschehen von Verführung und Vergeltung. So bekommt die Erzählung auch eine andere Moral, sie wird enthistorisiert und säkularisiert und somit auch entmythologisiert, so wie ja auch aus dem leewe Gott ein der Himmel zürnt dem Volk wird.

Um diese verschiedenartige Qualität in der Überlieferung ein und desselben Sagenstoffes noch deutlicher werden zu lassen, möchte ich noch auf eine weitere literarische Überarbeitung unserer Sage - diesmal in Gedichtform - verweisen, die übrigens wiederum das „Hirtsche Lesebuch" seinen ost- und westpreußischen Drei- und Vierklässlern anbot. Hierin verkommt unser Sagenstoff gänzlich zur schalen Erotik glänzenden Goldes und lüsterner Frauen:

 

Alt-Hela - Gedicht

 

Die Helschen verlassen die Kirche nach dem Gottesdienst - um 1900Der historische Kern dieser Sage ist bisher auch von der Geschichtswissen­schaft nicht vollkommen aufgeklärt. Die noch bis in die 20er Jahre dieses Jahrhunderts nicht weit - ca. 2 km - von Neu-Hela - am Bliesehoake, am althelischen Haken im Langen Bruch - zu erkennenden Ruinen sind nie wissen­schaftlich gründlich untersucht und dann auch von den Polen beim Ausbau eines U-Boot-Hafens zerstört worden.

Urkundlich mit Sicherheit ist nur jene mittelalterliche, reiche deutsche Kauf­mannsstadt, eine der frühesten Städtegründungen nach lübischem Recht im Preußenland, bezeugt. Die älteste Urkunde des Ortes Hela stammt von 1357. Indessen hat die Blütezeit Helas nicht lange gedauert. Der Niedergang war zunächst wirtschaftlich bedingt durch einen rapiden Rückgang der Heringsfänge. Weiterhin geriet Hela immer mehr in die Abhängigkeit der damals schon mächtigen Hansestadt Danzig.

Blick in das Kirchenschiff - um 1900Wir wissen aber, daß sich schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts neben der Kaufmannstadt (Alt-)Hela eine Vorstadt auf dem benachbarten Dünenrücken gebildet hatte, ein Neu-Hela, das nur aus Fischerfamilien bestand.

Irgendwann im 15. Jahrhundert ist diese Kaufmannstadt Alt-Hela durch eine Naturkatastrophe - wahrscheinlich durch eine Sturmflut - vollständig vernichtet worden und nicht wieder aufgebaut worden, während die etwas höher gelegene Fischersiedlung Neu-Hela, das heutige Hela, unbeschädigt blieb.

Neben dieser Sage vom Untergang Alt-Helas kennen die Heelschen nun noch eine Sage vom 12. Hela. Die erste Atlantis-Sage wird sozusagen dadurch relati­viert, daß die zweite Sage von einer elfmaligen historischen Zerstörung der Stadt bzw. des Dorfes berichtet.

Dat twaalfte Moal es Heel entstoahne

De Olle vertaellde ook emmer, dat Heel emmer wedder zersteert on niej (neu) oppjebuut wurd. On so es Heel - ons Heel, wo wi bet 45 (1945) jeleewt (gelebt) hewwe - eegentlich dat twaalfte (zwölfte) Heel.

So ganz jenau weet eck dat ook nich mehr, oaber eck well di dat moal vertaelle, wie eck dat noch so onjefähr weet. Heel licht joa doa anne Spetz (Spitze) vonne Insel, vonne Halbinsel. Nu es dat joa ook bedingt doa, dat de Halbinsel emmer wedder jewosse (gewachsen) es, de Spetz, de Hoake (Haken) wurd emmer länger. On de Ort hät versocht, emmer mettoloope, nich. An de Spetz es dat joa am jinstigste (günstigsten) fer de Fescherie on so. Deshalb es Heel so oftmoals als Ort doajewesst (dagewesen) - es emmer wieder to de Spetz jelecht worde.

On dat "Oll-Heel" (Alt-Hela), dat wär dat dredde (3.) Heel. Doa hebb wi als Tjinder noch jespeelt met de groote Backsteene von de Ruine - de wäre joa doppelt so groot wie de iebliche (üblichen). Na joa, on de Sage es joa bekannt, dat doa sone Wohlstand wär, dat de Mensche einfach nich wußde, wat se doamet anfange sulle, dat se dat Koom (Korn, Roggen) ent Woater schedde (schütten) deede, dat se met Gold speele deede on ähnliget. Se wäre einfach äwermödich (übermütig). On nu sächt man ut de Tied rut, dat de leewe Gott se jestroaft hadd to Pingste, jawoll - an dat he dorch eene groote Stormfloot de ganze Staadt undergoahne leet.

On denn es se tweemoal total affjebrennt. Dat jing joa schnell doamoals, de Hieser wäre joa ut Holt on so, on se stunde joa alle dicht bieenander (beieinander). De olle Hieser en eene Gaass (Gasse, Straße), dat wär joa noch hiettodoages (heutzutage) so. On denn Fieer, oh - wi haadde joa noch lang en Heel e Naachtwächter, de emmer opptopasse haadd.

Joa, on denn twee- dreemoal wurd Heel zersteert dorch Tjriech (Krieg), eenmoal dorche Piroate, ennmoal haadd dat de Pollack on eenmoal es dat von de Schwede kaputtjeschoate worde - eck glow, em Dreißichjährige Tjriech.

On denn wär doa moal en Heel groote Krankheete, Seuchen, de Pest on de Cholera. Manche siäde, doa hät de leewe Gott ook de Heelsche jestroaft, de wäre doa ook wedder äwermödich jeworde. De haadde goot verdeent on so. Doa wäre fast alle Mensche dran jestoarwe - alle Heelsche. On denn wurd dat wedder oppjebuut. Joa, so wär dat - so vertaellde dat de Olle. So alle Heels tjriech eck nich mehr toop (kriege ich nicht mehr zusammen). Joa, on onser Heel, dat wär denn dat twaalfte - dat twaalfte Moal es Heel entstoahne.

Auch in dieser Sage der Ortsgeschichte wird in Form einer historischen Erzählung die Geschichte des Ortes aufbewahrt und tradiert. Sicherlich ist es eine Sage - und zumindest die Zahl 12 ist dabei auch eine volkstümlich herausgehobene, magisch besetzte Zahl - Hela Landspitze mit Leuchtturmaber es gibt auch hierfür genaue historische Ansatzpunkte. So plünderten im Jahre 1626 die Heere Gustav Adolfs von Schweden die Stadt und ließen sie in Flammen aufgehen, und Seesteg und Kurhaus1709 starben von etwas über 300 Einwohnern 225 an der Pest. In ähnlichen Erzählungen wird so auch die Entstehung der Halbinsel Hela diskutiert, die im Laufe der Jahrhun­derte ihre geographische Form vielfach verändert haben soll.

Villenpartie mit Strandweg zum KurhausSage und historische Erzählung - oral history - sind nicht als getrennte Erzählgattungen zu verstehen. Alte überlieferte Sagenmotive dienen häufig nur als Aufhänger, um historische Ereignisse zu diskutieren - um sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, wobei häufig der Rahmen einer alten Sage beibehalten wird. So wird der Faden der Geschichte - halb im Ernst, halb im Scherz - immer weiter gesponnen.

Dieses Fortschreiten, dieses Forterzählen der Geschichte zeigt sich so auch sehr deutlich in einer Erzählung, in der sich die Sage vom 12. Hela in eine Erzählung vom 16. Hela erweitert:

Dat Vertellke vom twaalfte Heel, dat jeiht joa eegentlich noch wieder. Wenn man so well, hebb wi hiede dat 16. Heel.

Heel es joa hiede poolsch (polnisch), dat es dat 13. Heel. Wi motte doa joa aller rut manche freeher manche spoader bloß eene Familj es noch doa.

Mien Onkel on veele aandre de haadd jesehne, wie se doa e hollaandsche Firma (holländische Firma) de Tjriechshuowe (Kriegsha­fen), de U-Boots-Huowe, utjebaggert hebbe. On disse hollaandsche Firma hät eene Glocke utjebaggert. On disse Glocke, de es met de Schleeper (Schlepper) de haadd se väre hänge am Galje (Galgen) oder an de Talj (Talje, Flaschenzug) noa em heelsche Fescheriehuowe jebrocht worde. On doa durft tjeener noaher hen doa wurd dat allet affjespaart (abge­sperrt). On de Schleeper es riäwer jefoahre noa Jedinge (Gedingen, Gotenhafen) doamoals. On doa hät tjeener mehr doamoals wat jeheert doa von de Glockes. Irgendwie es de total verscholle.

Also, de Jeschichte noa wär dat de Glock von Oll-Heel. Dat wär de von de Liebfrauenkirche die Kirche der lieben Frauen (die so geweihte Kirche von Alt-Hela ). En Nie-Heel (Neu-Hela), doa wär joa de Peter-und­ Paul-Kirche.

Joa, on nu de aandre Heels. De Heelsche kamme joa denn noa em Eerschte Welttjriech to Pole (Polen). On de Mensche kunne joa denn opteere (optieren, sich für eine Nationalität entscheiden): de kunne poolsch (polnisch) ware, rieksdietsch (reichsdeutsch) on fer Daanzich (Freistaat Danzig) opteere. Oh, dat wär ne schlemme Tied. Dat jing tjwär (quer) dorch de Familje. Doa satte (saßen) an eenem Tesch Breeder (Brüder): twee haadde poolsche, twee rieksdietsche on twee Daanzjer Pässe. Na joa, noaher kamm wi joa alle rut.

On dat 14. Heel, dat wurd bi Daanzich oppjebuut, e Siedlung, e Feschersiedlung de hett (hieß) ook "Niej-Heel" (Neu-Hela), bi Jemind, Wisselmind (Weichselmünde). Eck gloow, dat wäre so äwer 20 Familie.

On dat 15. Heel, dar wär denn en Saßnitz (Stadt auf der Insel Rügen) - "Helaer Straße" hett dat. Doa wäre de Rieksdietsche, doato siäde wi dat "Reichs-Hela".

Joa, on noa em Tjriech, doa wulle wi dat 16. Heel jrinde (gründen) bi Großenbrode bi Fehmarn (Insel Fehmarn) doa. Dat wurd joa nich so recht wat,  de Siedlung (von Herwarth-Siedlung, dort wohnen sieben heelsche Familien) doa bi Großenbrode. Joa dat 16. Heel - so kannst dat ook sehne.

„Wir sind ein Volk vom Strom der Zeit", heißt das beliebteste Kirchenlied der heelschen Fischerfamilien. Sie haben einen Ausgangsort, einen Ursprung und eine reiche historische Überlieferung, aber als Dorfgemeinschaft wohl keine eigene Zukunft mehr. Ihre eigene Geschichte findet nur noch in Erzählungen statt. Wir sollten ihnen zuhören - vielleicht geht ihre Geschichte uns alle an.

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