Das Gedicht Untergang der Adele handelt von einer wahren Begebenheit. Die Adele war ein kleines, etwa 30 Meter langes und 273 Bruttoregistertonnen großes Dampfschiff, das Stückgut und Eisen transportierte. 1898, auf der Reise von Hamburg nach Königsberg, geriet es in einen Sturm und ging zwischen der dänischen Insel Bornholm und der pommerschen Küste unter. Der Kapitän verfaßte direkt vor dem Untergang noch zwei Flaschenposten, die er in's Meer warf und die bereits einen Tag später auf Hela gefunden wurden.

Der Autor Eduard Pietzker war laut Peter Oliver Loew (Das literarische Danzig 1793 bis 1945 (2009, S.88)) ein Gelegenheitsdichter, der mit seinem Gedichtband Hela, ein Liederkranz (1905) wesentlichen Anteil daran gehabt haben soll, daß die Halbinsel Hela als Ausflugsziel in Mode kam.                                                                           Copyright O. Bloedorn

Kapitän Ernst KrützfeldtDer Kapitän der Adele, Ernst Otto Krützfeldt (*10.07.1853), Sohn von Hans Krützfeldt und Margarethe Christina Lage, entstammte einer alteingesessenen und traditionsreichen Familie aus Laboe bei Kiel. Er verfaßte am 9. Dezember 1898 auf dem bereits im Sinken befindlichen Schiff kurz vor seinem Tod noch zwei Briefe, die er jeweils in eine Flasche tat und in die Ostsee warf. Ein Brief war für seine Kieler Reederei Sartori & Berger und einer für seine Ehefrau Alwine bestimmt. Diese Flaschenposten wurden am 10. Dezember 1898 in der Nähe des Ortes Heisternest auf der Halbinsel Hela gefunden. Der Wortlaut der beiden Briefe ist in dem Buch von Heinrich Sohnrey Die Lebendigen und die Toten, Erlebnisse eines Einsamen (Berlin, Deutsche Landbuchhandlung GmbH, 1913, S. 190-191) wiedergegeben.


Brief an Sartori & Berger:

Die große Luke eingeschlagen, 9 Uhr abends den 6.12. Haben alle gearbeitet, als Männer, aber vergebens. Wir ergeben uns in Gott, nehmen Sie Sich meiner Familie an. Ein Dampfer ist in Sicht, ob Hoffnung? Zwischen Bornholm und der Pommerschen Küste 12 Uhr nachts. 2 Stunden wird sich „Adele“ noch halten, dann stirbt sie einen braven Seemannstod mit uns. Meinen besten Dank für alles, was Sie für mich getan haben.
Krützfeldt

Brief an seine Ehefrau:

Liebe Alwine!
Sterben ist leicht für denjenigen überhaupt, der sich mit seinem Tod vertraut gemacht hat. Darum gräme Dich nicht so sehr, sondern widme Dich der Erziehung unserer Kinder und tröste Vater und Mutter, denn wie bald sind wir alle zusammen im ewigen Leben. Solange ich auf Erden verweile, verweilet mein Geist bei Euch ich sterbe in meinem Glauben an die große Gottheit. Ich bedaure sehr all das junge Leben, welches diesen Augenblick mit mir zugrunde geht. Adieu, mein Herz, und gräme Dich nicht so sehr.
Dein Ernst

Kapitän Krützfeldt hinterließ seine Ehefrau Catharina Alwine Vöge und seine zwei Töchter, Margarethe Adele und Paula.

Zeitungsmeldung von 1898Die Nachricht vom Untergang der Adele und dem tragischen Tod des Kapitäns Ernst Krützfeldt und seiner Mannschaft verbreitete sich sehr schnell. Das Verhalten des Kapitäns Ernst Krützfeldt wurde von Zeitgenossen als vorbildlich und heldenhaft angesehen. Die Anteilnahme war groß.

 

 

 

 

Untergang der „Adele“Originalausgabe
von Eduard Pietzcker

Es braust der Nord und die Welle schäumt.
Ein Dampfer in Wogen und Wanken -
Hoch auf die Gischt an dem Bug bäumt
Und rüttelt und schlägt an die Planken.
Die Nacht ist dunkel - es leuchtet kein Stern!
Es warnet kein Leuchtturm - die Küste so fern!
„Gott schütz‘ uns und schirm die „Adele“;
Sei gnädig unserer Seele!“

Der Führer spricht es - der Kapitän
Und denkt an sein Heim und Lieben.
Die Wogen über das Deck hingeh’n.
„Ein jeder am Platz und tut Eure Pflicht
Und halten wir unsere „Adele“ nicht,
So gehen wir mit ihr zu Grunde.
Gott sei uns nah‘ in der Stunde.“

„Der letzte Brief an mein Weib!“ da es muß -
Er schreibt ihn mit festen Händen -
„Euch Lieben will ich den Scheidegruß
Von dem sinkenden Schiffe noch senden.
Ich schaue dem Tod in das Angesicht
Voll Mut und Vertrauen, drum grämt Euch nicht!
Nur schade ums junge Leben,
Den Fluten so preis zu geben.“

Auch mancher von Euch hat ein Weib daheim
Und Kinder wie ich- und die Alten!
Es war Euer stolz, Euer Sonnenschein!
Ihr habt sie in Ehren gehalten.
Ein Spruch noch für sie - eh‘ die Flut uns verschlingt
Und die letzte Welle den Abschied uns bringt,
Ihr laßt Eure Kinder in Nöten!
Wer wird Vaterstelle vertreten?

Da- ein furchtbar Krachen- die Flut bricht herein!
An den Pumpen vergebliches Mühen.
„Die Flaschenpost noch in die Fluten hinein:
O laßt an die Küste sie ziehen,
O mögest Du’s künden den Meinen daheim:
Mein letzter Gruß galt Euch nur allein.
Kapitän- und nun auf den Posten
Und dann- in den ewigen Osten!“

Die Wogen, sie rollen dumpf über das Deck-
Da ein Dampfer in Sicht! - Lichter blinken -
Laut ruft der Führer: „Trotz Sturm und trotz Leck
Laßt, Kinder, die Hoffnung nicht sinken.
Es naht uns die Hilfe“- Ein Krachen ein Stoß-
„Adele“ versinkt in der Fluten Schoß
Mit der Mannschaft, dem Führer, dem braven -
Nun geht es zum ewigen Hafen.

Die Weihnachtsglocke von ferne klingt -
Sie ruft Dich umsonst zu den Lieben.
Zum Strande die Welle die Kunde bringt,
Wie Du von dem Leben geschieden,
Du wackerer Seemann! - Als Streiter und Held,
Der mit der Mannschaft siegt oder fällt,
So bist Du zum Tode gezogen
In Sturm, in Wettern, in Wogen!

Ruh‘ aus denn, mein Freund, in dem feuchten Grab!
Ruh‘ aus von dem Sturm, den Gefahren!
Viel Liebe und Freundschaft zieh’n mit Dir hinab.
Erinnerung wird man bewahren
Ernst Krützfeldt Dir! - Dein Name lebt fort,
Und führt uns der Kiel an den traurigen Ort,
Wo Du sankest mit Deiner „Adele“,
Einen Spruch dann für’s Heil Deiner Seele.
Still senken den Lorbeer wir dorten hinab,
Wo Du im Dezember gefunden Dein Grab!

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